Mittwoch, 20. April 2016

Rezension | "Sizilianisches Blut" von Ann Baiano

Goldmann | eBook | 320 Seiten | 13. Juli 2015 |  978-3641156541

"Hinter sich hörte er den Lärm der Stadt, wütend, feindlich. Laura war tot." // Seite 10

Reihenfolge der "Luca Santangelo"-Reihe

Sizilianisches Blut (1)

  
(Verlagsseite)

Ende August, graue Wolken verdunkeln den Sommerhimmel Palermos. In der drückenden Schwüle des Nachmittags erfährt der Reporter Luca Santangelo von der Ermordung seiner Ex-Freundin, der Ballett-Tänzerin Laura. Schockiert macht er sich daran, die Hintergründe des Verbrechens herauszufinden. Zumal Lauras neuer Geliebter in den Fall verwickelt zu sein scheint: Manfredi Guarnieri, Baron von Montevago, dessen Familie auf ausgedehnten Ländereien Wein und Oliven anbaut und der als Teil der sizilianischen feinen Gesellschaft und ihrer Vetternwirtschaft für all das steht, was Luca an seiner Heimat verabscheut. Die Spur führt in ein dichtes Geflecht von Betrügereien, Eifersucht und Gier – und tief in die faszinierende Vergangenheit der Insel, zu einem lang vergessenen Mord in den Olivenhainen eines adeligen Gutes …

(Verlagsseite)

Ann Baiano ist ein Pseudonym. Die Autorin lebt in Deutschland und in Palermo.


49 Kapitel


"Sizilianisches Blut" ist der erste Fall um Luca Santangelo, einen Reporter. Er untersucht den Tod seiner Exfreundin, da er der einzige ist, der nicht an die offizielle Erklärung der Polizei glaubt - er verbeißt sich geradezu in der Suche nach dem wahren Mörder. Von Anfang an verfolgt er dabei eine ganz bestimmte Spur... kurz gesagt: er ist befangen und ist bereit, alles zu riskieren, um die Wahrheit herauszufinden.
Diese Prämisse hat mir gut gefallen. Ich mochte die Idee von einem Reporter, der auf eigene Faust Ermittlungen anstellt, weil er ein persönliches Interesse an dem Fall hat und der sich dann immer mehr in verschiedene Spuren verstrickt. Außerdem fand ich es realistisch, dass er sich auf den naheliegendsten Verdächtigen gestürzt hat und nicht gewillt war, eine für ihn nicht passende Geschichte zu akzeptieren. Auch die Geschichte hat sich gut entwickelt. Luca wurde mit Vetternwirtschaft und Korruption konfrontiert, dazu gab es Vertuschungen. Es war offensichtlich, dass jemand den Fall abgeschlossen haben wollte... und als Leser fragte man sich, warum. Wodurch wurde der Mord an einer Tänzerin so brisant? War es ihr einflussreicher Geliebter? Oder ein mysteriöser Unbekannter? Fest stand, dass jemand ein großes Interesse hatte, alles in Vergessenheit geraten zu lassen und dass er sich nicht scheute, alle Mittel einzusetzen, um sein Ziel zu erreichen. Die Autorin kritisiert hier ein ungerechtes System und dieser Aspekt der Handlung hat mir gut gefallen.

Ebenfalls interessant waren die Kapitel, die in der Vergangenheit spielten (1929 bis 1968). Zunächst war nicht ersichtlich, worin der Zusammenhang zur Mordermittlung besteht, doch nach einem Drittel des Buches wurde es klar. Dadurch haben sich sehr interessante neue Möglichkeiten ergeben, die Geschichte zu erzählen, doch ich hatte das Gefühl, dass die Autorin das Potential nicht wirklich ausgeschöpft hat. Für mich persönlich waren die Kapitel in der Vergangenheit aus offensichtlichen Gründen interessanter als die Hauptgeschichte; der Krieg spielt eine Rolle und auch politische Hintergründe, wie die Aufspaltung in Faschisten und Kommunisten, haben dafür gesorgt, dass die Handlung real und in die damalige Zeit eingebettet wirkt. Ich muss aber auch sagen, dass diese Kapitel zu viel Raum bekommen haben. Sie liefern uns schließlich das Motiv für den Mord und am Ende laufen beide Handlungsstränge zusammen, aber dennoch wäre diese Form der Darstellung nicht nötig gewesen. Gerade in den letzten Kapiteln war alles ein wenig verworren.
Da es auch in der Gegenwart einige Kapitel gibt, die sich (scheinbar) mit anderen Ereignissen beschäftigen, wirkt das Buch lange nicht wirklich wie ein Krimi und Lauras Tod scheint eine eher geringe Priorität zu haben, da die Ermittlungen zu großen Teilen im Hintergrund ablaufen und es sehr viele Nebenschauplätze gibt. Zwar wird später alles verbunden, aber trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass Lucas Ermittlungen mehr Raum eingenommen hätten. Der Fall an sich war nicht wirklich interessant und es war mir fast egal, wer nun der Mörder war.
Die Auflösung war nicht sonderlich überraschend, für mich allerdings ein wenig enttäuschend. Sie ergibt Sinn und passt zum Rest der Geschichte, doch sie war irgendwie... flach - vielleicht, weil es wohl eine große Überraschung sein sollte, für mich aber nicht war.
Enttäuschend war auch, dass Santangelo mehrmals Konsequenzen für Menschen, die ihm etwas bedeuten, angedroht wurden, doch letztendlich ist hier nichts von Bedeutung passiert. So wirkte es, als sei der Täter nur halbherzig motiviert, ihn von seiner Suche abzuhalten und das passt nicht wirklich zu den Anstrengungen, die er unternommen hat, um den Fall als abgeschlossen einstufen zu lassen.

Ein weiteres Problem war, dass der Protagonist irgendwie blass bleibt. Es werden einige Charakterschwächen genannt (hauptsächlich dadurch, dass er Vorwürfe seiner Ex aufzählt), doch gute Eigenschaften kann ich ehrlich gesagt nicht wirklich nennen. Das heißt nicht, dass Santangelo ein unausstehlicher Mensch ist - im Gegenteil scheint er ein sympathischer Zeitgenosse zu sein, obwohl er verschroben und schrecklich stur ist, aber da die Geschichte sich auf verschiedene Handlungsstränge konzentriert, konnte ich keine wirkliche Bindung zu ihm aufbauen. Seine Beharrlichkeit bei der Arbeit an dem Fall ist für mich schwierig zu beurteilen... einerseits finde ich, dass er fast schon obsessiv ist, was nicht gerade gut ist, andererseits ist es positiv, dass er sich so sehr für die Wahrheit einsetzt, ohne auf sich selbst Rücksicht zu nehmen. Deshalb würde ich für Band zwei gerne sehen, wie er einen Fall untersucht, zu dem er keine persönliche Bedeutung hat und wie er damit umgehen würde.


Trotz aller Kritik ist "Sizilianisches Blut" kein schlechtes Buch. Die verschiedenen Handlungsstränge sind durchaus interessant, aber die Gewichtung stimmt in meinen Augen nicht - der Fall und die eigentlichen Ermittlungen hätten mehr im Vordergrund stehen müssen; stellenweise ist das Buch nicht wirklich ein Krimi, sondern fast schon eine Familiengeschichte. Auch der Protagonist hätte eine größere Rolle spielen können; so ist er ein bisschen blass geblieben. Allerdings ist das Buch gut geschrieben und gerade die Hintergründe der Geschichte wurden sorgfältig ausgearbeitet.
Band 2 der Reihe werde ich vermutlich noch lesen, um zu sehen, wie Santangelo mit einem Fall umgeht, in den er nicht persönlich involviert ist.

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