Freitag, 4. November 2016

Rezension | "Ich fühle was, was du nicht fühlst" von Amelie Fried

Heyne | Broschiert | 400 Seiten | 22. August 2016 | 978-3453265905

"Das machte sie besonders, aber auch einsam. Unter den Menschen war ich wohl so etwas wie eine Primzahl." // Seite 103
 

Die 13-jährige India lebt mit ihren Hippie-Eltern und ihrem Bruder Che in der bürgerlichen Umgebung einer süddeutschen Kleinstadt. Intelligent und mit spöttischem Scharfblick betrachtet sie die Welt der Erwachsenen und durchschaut deren Lebenslügen. Ihr Nachbar, ein Musiklehrer, überredet sie zu Klavierstunden und entdeckt ihre große musikalische Begabung. Während ihre Eltern mit einer Ehekrise beschäftigt sind und Che in die Kriminalität abzudriften droht, entsteht zwischen India und ihrem Lehrer eine einzigartige Verbindung, getragen von der Liebe zur Musik. Doch in einem einzigen Moment zerstört er ihr Vertrauen, und India steht vor einer furchtbaren Entscheidung: Ihr Geheimnis öffentlich zu machen – oder für immer zu schweigen.
 
Ich fühle was, was du nicht fühlst ist ein wunderschönes Buch über eine ganz besondere Familie mit  einzigartigen Problemen. India, die Empfindungen hat, die andere Jugendliche in ihrem Alter nicht kennen, die Hippie-Eltern, die auf seltsame Art und Weise mit Lügen und Dramen zu kämpfen haben und Indias Bruder, der sein eigenes Geheimnis hütet, geben eine perfekte Mischung aus rührender Geschichte, durchgängiger Unterhaltung und anhaltender Nachdenklichkeit.

Der Plot wird aus Indias Perspektive erzählt, ein junges, aufgewecktes Mädchen, das sich sehr nach Anerkennung und Freunden sehnt, aber aufgrund ihrer außergewöhnlichen Leistungen in der Schule und ihrer Wahrnehmung von Zahlen und Liedern immer wieder zur Außenseiterin wird. Sie erlebt vor allem Musik viel intensiver und leidenschaftlicher, als ihre Mitschüler und Mitmenschen. Sie erschien mir als eine sehr besondere und auch liebenswürdige Figur, die in ihrer eigenen Welt gefangen ist. Sie möchte zwar gefallen und integriert werden, möchte nicht anecken, aber in Extremfällen vertritt sie auch ihre Prinzipien, was sie für mich zu einem tollen Charakter gemacht hat. Insgesamt ist Indias Familie sehr besonders. Ihre Eltern sind sehr mit sich selbst beschäftigt, mit ihrem Lebensstil und ihrer "Arbeit", kümmern sich weder um Essen, um Noten, noch um den Haushalt und setzen ihren Kindern keine Grenzen. Es gibt keinerlei Regeln, was gerade Indias Bruder Che sehr ausnutzt.

Die verschiedenen Höhepunkte der Geschichte emfand ich als durchdacht. Sie ziehen sich gut durch das Buch, so dass die 400 Seiten schnell gelesen waren. Allerdings hätte ich mir gerade im Bezug auf den Spannungsbogen rund um den Klavierlehrer Christian mehr Auswirkungen gewünscht. Dieser Twist war mir persönlich viel zu schnell abgehandelt und könnte eine falsche Signalwirkung haben. Menschen, vor allem junge, die nicht in seiner solchen Situation sind, sehen das vielleicht nur als eine Geschichte an, aber Mädchen, die diesem Twist im wahren Leben ausgsetzt sind, denen sollte eine andere Vorgehensweisen und ein anderer Ausgang beschrieben werden. Auch das Ende à la "ausgleichende Gerechtigkeit" hat das nicht wirklich verbessern können. Damit die Rezension einigermaßen spoilerfrei bleibt, werde ich an dieser Stelle auch nicht weiter darauf eingehen.

Am besten gefallen hat mir Amelie Frieds Schreibstil. Sie schreibt wunderschön; so, dass man sich sehr gut in die Gedanken und Gefühle einer 13-Jährigen hineinversetzen kann, ohne über zu große Naivität oder Genervtheit zu klagen. Amelie Frieds bildhafte Sprache hat mir schöne Lesestunden bereitet. Ihre anderen Bücher werde ich mir auf jeden Fall noch anschauen.

Auch das Cover gefällt mir sehr gut. Anfangs hielt ich es unter anderem deswegen für ein Jugendbuch, auch wegen der Beschreibung der 13-jährigen Protagonistin, doch die Geschichte behandelt unter anderem sehr ernste Themen in einer nicht ganz so einfachen Zeit. Es regt zum Nachdenken an, berührt und ist deswegen nicht unbedingt als ein Jugendbuch einzuordnen.


Ich fühle was, was du nicht fühlst ist ein wunderschöner Titel für ein wunderschönes, berührendes Buch, das den Leser ein wenig nachdenklich zurücklässt. Das Ende war stark, der Schreibstil sehr schön und bildhaft, die Charaktere realitätsnah und die Geschichte gut durchdacht. Alles in allem ein empfehlenswertes Buch.


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Vielen Dank an die Verlagsgruppe Random House für das Rezensionsexemplar.
 Habt ihr Ich fühle was, was du nicht fühlst schon gelesen?
Steht es auf eurer Wunschliste?
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!


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Das Urheberrecht des Klappentextes unterliegt der Verlagsgruppe Random House.
Das Urheberrecht des Titelbilds unterliegt einzig und allein der Blogredaktion.

2 Kommentare:

  1. Ich kannte das Buch zuvor nicht, der Klappentext schreckt mich aber ein wenig ab. "Die 13-Jährige", ugh. Ich bin zwar nur 5 Jahre älter, aber trotzdem - sie ist ja noch ein Kind. Deine Rezension aber überzeugt mich davon, es mir noch einmal genauer anzugucken und ihm eine Chance zu geben :)

    Liebst, Lara.

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    1. Hallo Lara,

      mir hat das Buch sehr gut gefallen trotz der 13-Jährigen :)
      Vielleicht kann es dich ja auch überzeugen?

      Liebste Grüße
      Julia

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